Teilhabe
Das neue Bundesteilhabegesetz ist Herausforderung für die Zukunft
Nichts hat die Gemüter in sozialtherapeutischen Einrichtungen in den letzten Jahren mehr in Aufregung versetzt als das Bundesteilhabegesetz (BTHG). Juristen, Politiker und viele Fachleute waren und sind noch damit beschäftigt, die Auswirkungen der einzelnen Veränderungen in den Sozialgesetzbüchern zu analysieren, zu verstehen und so zu übersetzen, dass es jeder versteht.
Die Idee: die Umgestaltung der Behindertenhilfe von der Fürsorge hin zum Recht auf Unterstützung mit Hilfe eines modernen bundeseinheitlichen Gesetzes im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention. So soll der Inklusionsgedanke auch gesellschaftlich verankert werden. Wir stehen gesellschaftlich am Anfang, einen neuen, differenzierten Behindertenbegriff zu schaffen. Er berücksichtigt nicht nur medizinische Aspekte, sondern auch besondere Bedürfnisse in der Alltagsgestaltung, in der sozialen Beziehungsfähigkeit, Umweltfaktoren und anderes mehr. Für unsere sozialtherapeutische Einrichtung wird es zukünftig von Bedeutung sein, wo wir Teilhabe und Selbstbestimmung bereits verwirklicht haben und wo wir uns verbessern können. Die Änderung der Sichtweise bietet Chancen, Menschen mit Hilfebedarf anders wahrzunehmen. Etwas, was auf dem Bauckhof Stütensen schon seit vielen Jahren gelebte Praxis ist.
Auf die Möglichkeiten schauen
Das neue Bundesteilhabegesetz sorgt dafür, dass die Begrifflichkeit von Behinderung neu bewertet wird. Der Fokus liegt auf den Fähigkeiten und Möglichkeiten einer Person, nicht auf ihren Defiziten. Es wird betrachtet, was der Mensch kann – wo liegen seine Stärken? – und vor allem: Was will er? Damit beschreibt das Gesetz im Grunde das, was in der anthroposophischen Menschenkunde die Grundlage des Handelns ist! Wir merken, dass durch die neue Gesetzeslage Prozesse deutlich werden, die wir seit Jahren leben. Nun gilt es für uns, diese sichtbar und nachvollziehbar zu machen.
Barrierefreiheit in den Köpfen
Die 26 Artikel des BTHG mit 241 Paragraphen sollen bis 2023 umgesetzt werden. Sie werden die komplette Soziallandschaft umkrempeln und ein neues Verständnis von Barrierefreiheit schaffen. Das Recht auf Unterstützung, die selbstbestimmt ist, beginnt in den Köpfen. Barrierefreiheit wird häufig nur mit dem Zugang zu Gebäuden und Räumen verbunden. Das betrifft aber auch die soziale und berufliche Lebensgestaltung und den eigenen Willen. Wie wollen unsere Bewohner leben und arbeiten? Einige wollen selbstständig wohnen, in Rosche oder auch in Uelzen eine eigene Wohnung haben und trotzdem hier arbeiten oder umgekehrt.
Den ersten Paradigmenwechsel, den das BTHG mitbringt, ist, dass unsere Gesellschaft umdenken muss:
- weg vom Fürsorgesystem (es wird für den behinderten Menschen alles gemacht)
- hin zu einem modernen Teilhaberecht (ich bestimme selbst).